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Strategiediskussion
 

Zusammenhänge – neu gesehen

Verschmelzung der Systeme?

von Klaus Buschendorf

Das wurde in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts schon einmal diskutiert. Warum es von beiden Seiten verworfen wurde, haben wir schon behandelt: Es hätte die Macht jeder der beiden Kontrahenten des Kalten Krieges beschnitten. Deshalb war man sich ausnahmsweise einmal einig und befahl seinen Massenmedien zu erklären: Sie sind unvereinbar. Das blieb bei den Menschen auf beiden Seiten im Kopf hängen.

Fangen wir neu an, darüber nachzudenken. Woran scheiterte der „Sozialismus“? Am fehlenden Wettbewerb in der Wirtschaft. Was war für die Menschen schlecht an ihm? Mangelnde Freiheit und Mitbestimmung im Betrieb und im Staat. Was war für die Menschen gut an ihm? Die starke soziale Sicherheit und gute Bildung für jeden. Warum siegte der „Kapitalismus“? Durch die Kraft des Wettbewerbs in der Wirtschaft. Was war für die Menschen gut an ihm? Höhere Freiheit der Selbstverwirklichung und ein höherer Lebensstandard als im „Sozialismus“. Was war für die Menschen schlecht an ihm? Bildungsprivilegien der Reichen, komplizierte Gesetze und verkrustete Bürokratie.

Als Gewerkschaftsfunktionäre „aus dem Westen“ nach der Wende in den Osten kamen, hörte ich mit Erstaunen von ihnen oft den Satz: „... bei unseren Tarifverhandlungen im Westen saß unsichtbar immer die DDR mit am Tisch ...“ Ich dachte nach und fand eine einfache Erklärung: Die Ausstrahlung des West-Lebensstandards war Teil des Kalten Krieges. Damit sie funktionierte, verzichteten die Superreichen auf Teile ihres Gewinns. So ging die Schere zwischen Arm und Reich nicht übermäßig auseinander. Doch – warum sollten sie das nach dem „Fall der Mauer“ noch tun?   

Heute ist es müßig, darüber zu diskutieren, ob die DDR ...? Wir brauchen keinen akademischen Streit um ihre verlorenen, sondern die Suche nach heutigen Möglichkeiten zum Aufbau einer Gesellschaft, die allen Menschen, nicht nur den Superreichen nutzt. Dafür sollte die kurze (man mag sagen: oberflächliche) Analyse im zweiten Absatz nützlich sein. Fassen wir dort zusammen, was für die Menschen nützlich ist. Soll das wirklich, wie in der zweiten Hälfte des vorigen Jahrhunderts von allen Massenmedien verbreitet, unvereinbar sein? Das vermag ich mir nicht vorzustellen. Ich kenne keinen Beweis dafür, nur – Behauptungen!

Fragen wir uns für die praktische Verwirklichung solcherart Verschmelzung: Wer sind die Gegner? Wer könnte Verbündeter sein? Die Gegner sind schnell ausgemacht. Schon einmal baten wir unsere Leser um 45 Minuten Geduld, sich ein Video anzusehen:
http://video.google.com:80/videoplay?docid=8811031952524340682
Wie viele Menschen sind das? Zahlenmäßig wenig. Wer könnte Verbündeter sein? Einfache Antwort: alle, die unter ihnen leiden. Das sind „verdammt“ viel mehr als jene!

Der „gelernte DDR-Bürger“ kannte die ausgebeutete Arbeiterklasse und die ausbeutende Kapitalistenklasse – hatte Marx doch so eingeteilt. Soll das nicht mehr gelten? Ich frage: Ist die Kapitalistenklasse in sich so einig, wie man es von einer „Klasse“ erwartet? Es ist doch so, dass diese „Klasse“ in einem unbarmherzigen Krieg untereinander zerstritten ist. Die Fernsehserie „Denver-Clan“ lebte davon, diesen spannend zu zeigen. Diese „Klasse“ hat den Wettbewerb zu einem unbarmherzigen Krieg pervertiert, unter dem nur die Allergrößten nicht leiden! Wollen wir also die Gesellschaft so ändern, dass die Vorteile beider „Systeme“ verschmelzen, werden wir sehr viel mehr Verbündete haben können, als sich alte Sozialdemokraten und Kommunisten je vorstellen konnten! Das ist kein Vorwurf, sie kannten es nicht besser. Doch uns wäre der Vorwurf zu machen, nicht aus der Geschichte gelernt zu haben, wenn wir das in unserer heutigen Zeit nicht bedenken würden! So zu denken, verlangt Mut – Mut, vor dem in allen Ebenen der Gesellschaft mancher zurückschreckt. Das Klassendenken war doch so bequem, die Einen die Bösen, die Anderen die Guten. Aber so einfach ist die Welt nicht. An diesem „einfachen“ (aber falschen) Denken sind „Sozialisten“ und „Kommunisten“ der Vergangenheit gescheitert.

Das ist nicht neu in der Geschichte. Ehe der große Reformator Luther kam, kam sein Vorgänger Jan Hus. Die katholische Kirche wollte sich schon hundert Jahre vor Luther reformieren. Der Entwurf von Hus geriet zu klein, das Konzil von Konstanz verbrannte ihn als Ketzer. Die Hussiten wollten ihn rächen und wurden zum Schrecken Deutschlands. Dann zerstritten sie sich und verschwanden. Luther holte gegen die römische Kirche Landesfürsten ins Boot. Und Humanismus, Reformation und technische Entwicklung ebneten dem Kapitalismus in Europa den Weg. Vielleicht leben wir heute „zwischen Hus und Luther“?

Wir sollten uns nicht fürchten, in solchen Zusammenhängen zu denken. Und dann praktisch fragen: Wie verwirklichen wir das? Wen sprechen wir an? Was hindert uns daran, solch Visionen umzusetzen? Jeder lange Weg beginnt mit dem ersten Schritt. Welchem?

 

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